Manchmal können auch gut gemeinte Marketing-Kampagnen am erwünschten Ziel vorbei gehen - so wie dieses Mal zu unserer Alpentour. Wir hatten wohl in den Einladungen das Wort „Schotter“ zu oft erwähnt. Denn obwohl wir gleich umfangreiche Programme für Asphalt und Schotter angeboten hatten, fanden sich ausschließlich die Schotterfahrer auf unserer Veranstaltung ein - acht an der Zahl. Gut wars trotzdem :-) 

Samstag, 23.8.
Am späten Nachmittag trafen die Teilnehmer auf einem Zeltplatz in Lörrach ein. Wir wollten in einem Tag bis ans Ziel fahren - daher dieser Treffpunkt am südwestlichsten Eck Deutschlands. Das Wetter war kühl und durchwachsen. An ein Abendessen im Freien war also nicht zu denken. Drum blieben wir in der Gaststätte des Zeltplatzes, aßen dort aber auch nicht schlechter.

Sonntag, 24.8.

Wir standen schon um 6 Uhr auf, da wir einen weiten Weg hatten. Es schien die Sonne und ließ das ganze Unterfangen schon mal gut angehen. Aber das erste wirkliche Highlight war das Frühstück. Nacht-Manager Mike konnte für uns einen super Preis bei seinem Arbeitgeber, dem Hilton Hotel in Basel aushandeln - 10 Minuten vom Zeltplatz weg. Wir durften im Library-Room dinieren, wo normalerweise nur die VIPs zugelassen sind. Also nobler gings kaum mehr, und es schmeckte einfach unbeschreiblich…

Pause auf dem Großen St. Bernhard-PassWirklich gut gesättigt fuhren wir über die Schweizer Autobahnen bei schönstem Sommerwetter Richtung Süden. Es ging durchs Schweizer Hügelland und am Genfer See mit Atem beraubendem Panorama entlang Richtung Großer Sankt Bernhard-Pass. Oben angelangt legten wir eine erste Pause ein. Im Aosta-Tal begaben wir uns dann auf die Autobahn nach Turin, wo es schon knackig heiß wurde - bis zu 30°. Nach Turin fuhren wir auf der Landstraße Richtung Susa weiter, was nicht nur wegen der Maut zu empfehlen war, sondern auch wegen den schönen Kurven. Um halb 5 waren wir am Zeltplatz von Salber-trand, konnten in aller Ruhe die Zelte aufbauen und nach Oulx in eine Pizzeria zum Abendessen fahren. Das Schöne an dieser Region ist, dass sich hier das Enduristen-Mekka Europas befindet. Hier hat sich eine Erscheinung in das neue Jahrtausend hinüber gerettet, die es sonst in dem Ausmaß wohl nicht mehr gibt: Zeltende Motorradfahrer. Wie vor über 20 Jahren trudelten hier täglich neue Motorradgruppen ein und aus. Wildfremde Leute saßen abends zusammen, aßen und tranken miteinander wie in alten Zeiten... Auch wir beteiligten uns bis tief in die Nacht hinein an diesem schönen Brauch…  

Montag, 25.8.

wa4 sommeiller

Wie geplant starteten wir nach dem gemeinsamen Frühstück zu unserer ersten Tour. Nachdem ja nur noch Schotterfreunde zugegen waren, konnte das Asphalt-Programm ausfallen, und wir machten uns auf den Weg zum 20 km entfernten Sommeiller. Schon wenige Kilometer nach der Abzweigung von der Bundesstraße ging der Asphalt in Schotter über. Es handelt sich hier um eine Gipfelstraße auf knapp über 3000 m, bei der 47 Kehren bezwungen werden müssen (zum Vergleich: Die berühmte Ostseite des Stilfser Jochs weist 48 Kehren auf - allerdings asphaltiert). Die Piste lässt sich in 3 Abschnitte unter-teilen, die jeweils durch Hochtäler abgegrenzt sind. Das Besondere: Mit jedem Abschnitt wächst der Schwierigkeitsgrad spürbar an. Waren am Anfang die Kehren noch flach und weit, wurden sie zusehends enger und steiler. Zugleich wurde das Geröll immer loser. Die Beschreibungen im Denzel, die die Piste als anspruchsvoll ausweisen, wurden von uns also durchaus als berechtigt erlebt. Umso größer war das Erfolgserlebnis, als wir auf dem 3000 m hohen Plateau angekommen waren - ohne jegliche Ausfälle. Am Abend war unsere erste Grillerei angesagt. Es war wieder gut und üppig dank der bei uns vertretenen Hobby- und Profi-Köche.  

Dienstag, 26.8.
wa4 parpaillonDas Highlight für heute war der Parpaillon - berühmt vor allem für seinen einzigartigen Gipfeltunnel. Die Anfahrt durch Frankreich dauerte ca. 1,5 Stunden. Wir wurden dafür aber fürstlich belohnt. Die Piste war für unsere Transalps wesentlich einfacher zu fahren als der Sommeiller. Der Untergrund war grob und sehr felsig - aber halt wenige Kehren und schön breit. Wer also nicht zu viel Mitleid mit seinen Federelementen hatte, konnte einen herrlichen Spaß haben. Mitleid erregte dagegen die Gruppe von Superbike-Fahrern, die hier total entnervt und erschöpft ihre Boliden im Schritttempo über die Felsen balancierten. War fast schon fies, wie wir locker an denen vorbei hoppelten. Hinterher erfuhren wir, dass  sie aufgegeben und umgedreht haben. 

Aber zurück zum Parpaillon: Die Panoramaaussich-ten waren hier wesentlich imposanter als auf dem Sommeiller, obwohl es gerade mal „schlappe“ 2632 m hoch ging. Das Schwierigste war - wie auch im Denzel berichtet - der 500 m lange vollkommen unbeleuchtete Gipfeltunnel. Es gab einige Schlammpassagen, die so gut wie gar nicht vorher auszumachen waren. Aber außer ein paar Schlenkern im Fahrwerk blieb die Lage ruhig…Die Rückfahrt über den Col der Vars (2111 m) und den Montgenèvre (1850 m) war auch wieder vom Feinsten. Es wurden rekordverdächtige Schräglagen gefahren…

wa4 granon

Mittwoch, 27.8.

Heute wollten wir es ein wenig gemütlicher angehen lassen. Die Schotterei ließen wir sein und befuhren den Col de l’Echèlle (1766 m) und danach den Col de Granon (2413 m) nördlich von Briancon, welcher durch seine atemberaubenden Aussichten bestach. Zwischendrin nahmen unsere Hartgesottenen ein Bad in einem Gebirgsflüsschen. Zum kulturellen Teil gehörte ein Besuch der Stadt Briançon, wo wir einen Café au Lait zu uns nahmen und nebenbei auch noch Zeugen einer Verhaftung von ein paar mutmaßlichen Kriminellen wurden - fast wie im Film mit Handschellen und allem.  

Donnerstag, 28.9.

wa4 assiettaDie letzte Schotterpiste für unseren Urlaub sollte die Assietta-Kammstraße (bis 2472 m) werden. Es ging zunächst nach Susa, wo der Einstieg in den Colle delle Finestre (2178m) lag. Die asphaltierte Straße nahm erst mal einen relativ unspektakulären Verlauf, wartete aber so ca. in der Mitte mit einer Besonderheit auf: Eine Gruppe von ca. 20 Kehren, die auf einem extrem kurzen Stück aufeinander folgten. Auch unsere alten Hasen konnten sich an keine Stelle in den Alpen erinnern, die ein solche Kehrendichte auf-weisen kann. Und das Schönste: Man konnte alles mit dem 2. Gang fahren - nur Gas auf und zu. Was für eine Gaudi…. Den obersten Teil des Finestre nahm eine gemäßigte Schotterpiste ein, die uns schöne Blicke auf das Susatal gewährte. Bald zweigte die berühmte Assietta-Straße ab und 37 km Schotter mit Atem beraubenden Panoramen zogen uns in ihren Bann. Die Piste war nur an wenigen Stellen mittelschwer. Es gab relativ wenig Kehren und Steigungen. Kurzum: Wir konnten den Spaß ohne große Anstrengungen genießen. Staubig, aber glücklich kamen wir in Sestriere an, wo wir zum Abschluss den obligatorischen Cappuccino tranken.


Freitag, 29.9.
Aussicht vom Kleinen St. Bernhard-PassUnd wieder war eine Alpentour zu Ende. Nach dem stilechten Frühstück in einer Cafeteria machten wir uns auf den Heimweg. Keiner wollte heute das Auto-bahngebolze in Italien vom Sonntag wiederholen. Dafür waren alle bereit die längere Fahrerei über die französischen Landstraßen in Kauf zu nehmen. Es sollte sich lohnen. Bei schönstem Wetter befuhren wir kurz hintereinander den Mont Cenis (2081 m), den Iseran (2764 m) sowie den Kleinen (2188 m) und Großen St. Bernhard (2469). Die Aussichten waren fantastisch, und die vielen Kurven konnten einen richtig in Rausch versetzen. Zudem war relativ wenig Betrieb. Berichte hierzu auch in der Alpentour 2003 auf dieser Homepage. Als die Teilnehmer nach der Schweizer Autobahnpassage auf dem Zeltplatz in Lörrach ankamen, war es schon 20 Uhr.
Damit ging die erste Schottertour seit 8 Jahren zu Ende. Auch wenn es nicht unbedingt so geplant war, blieb es für die Teilnehmer doch ein unvergessliches Erlebnis. Es war einfach alles perfekt - wieder mal…

Organisation: Georg Spindler
Fotos: Mike Tschumper, Karsten Booß, Georg Spindler, Frank Kuhn

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